Volatile Liquiditätskosten als Teil der Zinsmarge

Einblicke

Lange fielen Liquiditätskosten nicht sehr ins Gewicht. 2022 haben sie sich im Gesamtmarkt stark erhöht und schwanken mittlerweile zudem stark. Zwischen den Instituten bestehen große Unterschiede, da bei der Kalkulation dieser Kosten die Bilanz und Geschäftsstrategie eine maßgebliche Rolle spielen. Im Folgenden erläutern wir die Situation auch anhand von Beispielfällen aus unserer Praxis und geben Hinweise, wie Immobilienanleger mit den gestiegenen Liquiditätskosten umgehen können.

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Seit Ende 2021 sind die Liquiditätskosten stark angestiegen. Mittlerweile können sie zB bei Fondsfinanzierungen die reine Kreditmarge übersteigen. So haben wir im März und Anfang April Fälle beobachtet, bei denen Banken 80 BP (1 Basispunkt (BP) = 0,01%) Marge, aber 100 BP Liquiditätskosten für zehnjährige Finanzierungen aufgerufen haben, so dass die gesamte Zinsmarge (Abstand zwischen Zins und Swapsatz, darin sind also Kreditmarge und Liquiditätskosten enthalten) bei 180 BP auslief.

Im selben Zeitraum haben andere Institute sich mit deutlich niedrigeren Liquiditätsaufschlägen von zT deutlich unter 50 BP zufriedengegeben. Daraus ergaben sich bei durchweg kompetitiven Kreditmargen insgesamt Zinsmargen zwischen 80 und 180 BP. Im Zusammenwirken mit den volatilen Swapsätzen resultierten Gesamtzinsen von 3,74% bis 4,65% – eine Differenz, die gerade bei längeren Laufzeiten nominal leicht mehrere 100tausend EUR Kreditkosten ausmachten und sogar darüber entscheiden kann, ob ein Ankauf wirtschaftlich sinnvoll ist.

Einen einfachen Indikator für den Anstieg der Liquiditätskosten bei Hypothekenkrediten, stellen wir im Kasten am Ende des Textes vor. Für die Praxis ist aber vor allem interessant, wie die einzelnen Institute konkret kalkulieren. Die großen Unterschiede sieht man an vier exemplarischen Finanzierungen, die über die credX-Plattform ausgeschrieben wurden:

  • Ankaufsfinanzierung Wohnen Neubau, > 30 Mio. EUR FK Volumen für 10 Jahre, Zinsmarge 100 BP, LTV 80%, Zins-Fixing mit Unterzeichnung Termsheet
  • Portfoliofinanzierung Nahversorger Ankauf, > 100 Mio. EUR FK für 10 Jahre, LTV ca. 45%, Kreditmarge 80 BP und Liquiditätskosten 100 BP, somit Zinsmarge 180 BP, Zins-Fixing erst kurz vor Auszahlung möglich
  • Ankaufsfinanzierung Nahversorger Neubau, <10 Mio. EUR FK Volumen für 5 Jahre, LTV ca. 50%, Zinsmarge 81 BP, reserviert mit Abgabe Termsheet
  • Bestandsfinanzierung Pflege, < 10 Mio. für 7 Jahre, LTV ca. 50%, 111 BP Zinsmarge, Fixing mit Annahme Termsheet

Für Kreditnehmer bringt diese ungewohnte Situation einige Besonderheiten mit sich:

  • Im Vergleich zu den Jahren vor 2022 sind die Kredite nicht nur aufgrund der stark gestiegenen Einstände, sondern auch aufgrund der Liquiditätskosten sehr viel teurer geworden
  • Der häufig praktizierte Vergleich der „Zinsmargen“, i.e. des Abstands zwischen Einstand (i.d.R. ermittelt über die Swapkurve) und angebotenem Nominalzins, ist nicht geeignet, um eine Aussage über die Entwicklung der eigentlichen Bankmarge zu geben. Der Eindruck, dass viele Banken ihre Margen ausgeweitet hätten, ist wohl meist auf diese vereinfachende Sicht zurückzuführen
  • Welche Liquiditätskosten ein Institut in Anschlag bringt, ist für die Kondition oft bedeutender, als die Höhe der Kreditmarge – dies zumal bei Finanzierungen mit niedrigen Kreditmargen wie Fondsfinanzierungen mit moderatem Leverage oft nur noch wenig Spielraum für Zinssenkungen besteht
  • Fixiert eine Bank zwar die Kreditmarge, aber nicht den Einstand und die Liquiditätskosten, kann der Gesamtzins aktuell in wenigen Wochen um mehr als 50 BP schwanken.

Kreditnehmer sind daher zunehmend daran interessiert, die Institute zu identifizieren, die niedrige Liquiditätskosten in Anschlag bringen und ggf. auch bereit sind, die Zinsmarge oder sogar den konkreten Gesamtzins frühzeitig (mit Unterschrift des Termsheets oder sogar Abgabe der Indikation) zu fixieren. Einen zuverlässigen Weg, dies über öffentlich zugängliche Kriterien in Erfahrung zu bringen, gibt es aber nicht. Zwar ist es richtig, dass tendenziell die Hypothekenbanken stärker kapitalmarktorientiert agieren und Schwankungen der Geld- und Kapitalmärkte schnell weitergeben. Aber alle Institute sind schon aufsichtsrechtlich gehalten, Liquiditätskosten realitätsnah in ihren Kalkulationen zu berücksichtigen. Der Aufschlag ergibt sich aus mehreren Komponenten, die von außen nicht erkennbar sind:

  • Die gewählte gedeckte Zinskurve für den gedeckten Anteil (i.d.R 60% des Beleihungswerts)
  • Die gewählte ungedeckte Zinskurve für den Rest
  • Aufschläge, um das Risiko von impliziten Optionen mit Auswirkung auf den Cashflow des Kredits abzubilden (z.B. früherer Abruf von Mitteln oder Rückzahlungen)
  • Kosten der Liquiditätsreservebildung
  • Kosten, um die Net Stable Funding Ratio zu erfüllen bzw. Risiken für die Erfüllung der Ratio adäquat zu bepreisen

Die variierenden Liquiditätsaufschläge sind daher von einer Fülle von Einstellungen, den konkret zur Verfügung stehenden Liquiditätsquellen, der Bilanzstruktur, dem Rating des Instituts und auch geschäftspolitischen Entscheidungen abhängig. Die Aufschläge werden den Kundenbetreuern in den Kalkulationssystemen tagesaktuell zur Verfügung gestellt. Je nach Geschäftspolitik können die Geschäftsverantwortlichen dann noch mehr oder weniger große Anpassungen vornehmen, um dem konkreten Fall gerecht zu werden.

Nach unserer Erfahrung ist der einzig zielführende Weg, die relevanten Institute im Rahmen einer strukturierten Ausschreibung präzise anzufragen und bei der Auswertung der Indikationen gezielt auch auf die Liquiditätskosten und den zugrundliegenden Einstand einzugehen.

Einen Indikator, wie sich die Liquiditätskosten der Richtung nach und eingeschränkt auch wie stark sie sich verändert haben, gibt der Spread zwischen der Pfandbriefkurve und der Swapkurve, der in der folgenden Grafik wiedergegeben ist:

Quellen: Deutsche Bundesbank, Infront

Die blaue Kurve zeigt, dass die Zinsen für Pfandbriefe am 30.12.2020 nur geringfügig über den Swapzinsen lagen. Diese Differenz hat sich zum 30.12.2022 (graue Kurve) am mittleren und langen Ende merklich erhöht. Bei der 10jährigen Laufzeit stieg sie von 28 von 39 BP, bei der 5jährigen von 27 BP auf 34 BP. Durch die Verspannungen am Markt infolge der Krisen amerikanischer Institute und der Credit Suisse sind die Spreads Mitte März (rote Kurve) in allen Laufzeiten sehr stark angestiegen. Die grüne Kurve zeigt, dass der Abstand zu Mitte April aber sehr schnell wieder gesunken ist, so dass er mittlerweile ab 5 Jahren Laufzeit wieder unter dem Niveau vom Jahresende 2022 liegt. Der Verlauf der Kurven über die Zeit verdeutlicht die hohe Volatilität, die derzeit am Refinanzierungsmarkt beobachtet wird.

Diese Verhältnisse lassen sich nicht 1:1 auf die ungedeckte Finanzierung übertragen, aber sie eignen sich als einfach beobachtbarer Indikator, in welche Richtung und mit welcher Intensität sich die Liquiditätskosten verändert haben. Wie oben ausgeführt, legt jedes Institut individuell seine Liquiditätskosten vor dem Hintergrund seiner eigenen konkreten Finanzierungsquellen und Anlagemöglichkeiten fest.

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